In ganz Europa wächst der Druck, die Vorschriften zur Ladungssicherung konsequenter durchzusetzen. Unsachgemäß gesicherte Ladung führt nicht nur zu Schäden am Transportgut, sondern gefährdet Verkehrsteilnehmer und landet daher zunehmend im Fokus der Behörden.
Besonders Deutschland zählt zu den strengsten Staaten: Verstöße können hier Bußgelder von bis zu 5.000 Euro gegen das Transportunternehmen auslösen, während der Fahrer mit bis zu 120 Euro zur Kasse gebeten wird.
Warum Ladungssicherung plötzlich zum “Megathema” wird
Unfälle und Zwischenfälle mit verrutschender oder herabfallender Ladung sind keineswegs selten sie sorgen für Sperrungen, Sachschäden oder sogar Personenschäden. In vielen EU-Staaten setzen die Behörden deshalb verstärkt auf Kontrollen und Bußgelder, um ein Signal an die Branche zu senden. In Deutschland etwa verlangt man häufig, dass Sicherungsberechnungen nach der Norm EN 12195-1 vorgelegt werden, um zu beurteilen, ob ausreichende Lastkräfte berücksichtigt wurden.
Auch neue Regulierungsabsichten aus Brüssel verschärfen die Situation: Die EU-Kommission plant, die Prüfung der Ladungssicherung bei jeder technischen Unterwegskontrolle verpflichtend zu machen. Bisher war das oft eine freiwillige Kontrolle. Unzureichend gesicherte Ladung kann künftig nicht nur ein Bußgeld bedeuten, sondern mögliche Fahrtverbote, Punkte oder sogar die Untersagung der Weiterfahrt.
Normen und technische Vorgaben, das ist zu beachten
Damit Ladungssicherung wirksam ist, müssen anerkannte Normen und Richtlinien beachtet werden. Zu den wichtigsten zählen:
- EN 12195-1 zur Berechnung der erforderlichen Sicherungskräfte
- EN 12195-2 (Zurrgurte) und EN 12195-3 (Zurrketten)
- EN 12640 (Zurrpunkte)
- EN 12642 (Aufbaufestigkeit bei Fahrzeugen)
- Richtlinien aus dem deutschen Umfeld wie VDI 2700 zur Umsetzung der Ladungssicherung in der Praxis
Darüber hinaus besteht in Deutschland seit September 2024 eine Anpassung: Für Fahrzeugtransporter gilt eine aktualisierte Richtlinie, insbesondere zur Sicherung von Fahrzeugen auf Ladeflächen.
Bußgelder: wie stark haften Fahrer und Unternehmen?
In Deutschland werden Verstöße gegen Ladungssicherung nach § 22 StVO geahndet: Die Ladung muss so gesichert sein, dass sie bei Ausweichmanövern, plötzlichem Bremsen oder Kurvenfahrt nicht verrutscht, umfallen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm verursachen kann.
Typische Bußgeldsätze für LKW in Deutschland laut Bußgeldkatalog sind zum Beispiel:
- Überschreitung der zulässigen Gesamtmasse, abhängig vom Ausmaß (z. B. über 10 % = 30 €, über 20 % = 95 €, über 30 % = 380 €)
- Ladung nicht verkehrssicher verstaut: ab 35 € aufwärts, bei Gefährdung auch 60 € oder mehr
Bei schwerwiegenden Verstößen kann ein Transportunternehmen Bußgelder bis 5.000 Euro bekommen, insbesondere in Deutschland. Der Fahrer haftet häufig mit bis zu 120 Euro, je nach Schwere des Falls.
In anderen EU-Ländern sind die Strafrahmen unterschiedlich, teils deutlich niedriger. Doch auch hier sind Fahrverbote, Stilllegungen oder Nachbesserungsauflagen möglich.
Kontrollen in Europa: worauf Speditionen vorbereitet sein sollten
Deutschland
In Deutschland schaut das Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) besonders genau hin. Auch wenn es keine gesetzliche Pflicht gibt, verlangen Prüfer häufig Nachweise nach der Norm EN 12195-1. Wer solche Berechnungen bereithält, signalisiert Professionalität und erleichtert die Beurteilung bei einer Kontrolle erheblich.
Frankreich
Frankreich setzt auf eine breite Palette an Kontrollinstanzen: Neben der Polizei und der Gendarmerie ist auch die Regionalbehörde DREAL aktiv. Überprüfungen finden nicht nur auf Autobahnen, sondern auch auf Parkplätzen statt. Grundlage für die Beurteilung ist in der Regel ebenfalls die EN 12195-1, die sich als Referenzstandard etabliert hat.
Spanien
In Spanien sind die Kontrollen zur Ladungssicherung gesetzlich durch das Königliche Dekret 563/2017 geregelt. Bei Nutzfahrzeugen finden regelmäßige technische Unterwegskontrollen statt, und es ist vorgesehen, dass jährlich mindestens 5 % aller LKW geprüft werden. Die Fahrzeugbehörde DGT (Dirección General de Tráfico) soll diese Kontrollen sowohl auf Straßen als auch in Parkbereichen durchführen. In Spanien gilt die Norm EN 12195-1 ebenfalls weitgehend als Referenznorm.
Italien
In Italien übernehmen vor allem die Verkehrspolizei Polizia Stradale sowie die Zulassungsbehörde Motorizzazione die Überprüfungen. Diese finden immer häufiger direkt auf den Hauptverkehrsrouten statt. Wer dort kontrolliert wird, sollte eine technische Dokumentation zur Hand haben, etwa Sicherungsberechnungen, um Diskussionen und mögliche Sanktionen zu vermeiden.
Polen
Polen hat in jüngster Zeit seine Grenzkontrollen verstärkt, auch im Güterverkehr. Zwar gibt es keine explizit bekannten landesweiten Spezialregelungen nur für Ladungssicherung, doch durch Stichprobenkontrollen an Grenzübergängen wird erwartet, dass alle technischen Aspekte, inklusive der Sicherung der Ladung, genauer geprüft werden. Spediteure auf polnischen Routen sollten immer mit intensiven Kontrollen rechnen und sich entsprechend vorbereiten.
Luxemburg / Benelux
In Luxemburg gibt es Prüfstellen, die Ladungssicherung als Teil der technischen Kontrolle untersuchen etwa bei TÜV-Prüfungen von LKW-Zügen und bei Kontrollstellen für den Schwerverkehr. Auch in Belgien und den Niederlanden gehört Ladungssicherungskontrolle oft zu Routinekontrollen bei Unterwegs- oder Parkplatzkontrollen. (Hinweise darauf finden sich in Fachberichten zur EU-weiten Harmonisierung von Kontrollen.)
Rumänien
Rumänien setzt auf ein engmaschiges Kontrollnetz an Grenzübergängen und auf wichtigen Transitstrecken. Zuständig sind die Verkehrspolizei (Poliția Rutieră) sowie die nationale Straßenverkehrsbehörde ARR. Der Fokus liegt hier weniger auf Formalien als vielmehr auf der tatsächlichen Qualität und Stabilität der Ladungssicherung.
Szenarien aus der Praxis
In Schweden wurde ein Fahrzeug mit unzulässiger Ladung wegen verdeckter Beleuchtung und fehlender Kennzeichnung gestoppt. Der Fahrer durfte erst weiterfahren, als die Mängel behoben waren.
Ein besonders weitreichendes Beispiel: In Italien verurteilte ein Gericht einen Fahrer wegen fahrlässiger Tötung, nachdem eine ungesicherte Ladung herunterfiel und einen schweren Unfall verursachte. Das zeigt: Wird durch Ladungssicherungspflichtverletzung Menschenleben gefährdet, kann eine strafrechtliche Verantwortung folgen.
So schützen sich Spediteure und Fahrer: 6 praxisnahe Empfehlungen
- Normkonforme Planung und Berechnung
- Einsatz geeigneter Sicherungsmittel
- Kontrolle nach jedem Vorgang
- Schulung von Fahrern und Verladern
- Dokumentation und Beweissicherung
- Digitale Kontrolle im Fahrzeug
Blick nach vorn: EU-Reform bringt Pflichtkontrollen
Die Europäische Kommission hat im April ein umfangreiches Reformpaket zur Überarbeitung der Fahrzeugtechnikrichtlinien angekündigt. Darin enthalten ist ein klarer Schritt: Bei jeder Straßenkontrolle soll künftig auch die Sicherung der Ladung verpflichtend geprüft werden.
Die Vorgaben aus Brüssel sind eindeutig: Die Ladung darf sich nur minimal bewegen, weder gegen andere Teile der Ladung noch gegen Wände oder den Fahrzeugboden. Selbst bei Notbremsungen, Ausweichmanövern oder Steigungen muss Stabilität gewährleistet sein. Ein Herausragen oder Herausrutschen aus dem Laderaum soll vollständig ausgeschlossen werden.
Um europaweit einheitliche Standards zu schaffen, sollen die Mitgliedsstaaten Kontrollbeamte künftig systematisch schulen. Gleichzeitig setzt die EU auf mehr Digitalisierung, um Kontrollen effizienter und nachvollziehbarer zu machen. Ziel ist ein Plus an Verkehrssicherheit, ein Beitrag zur Emissionsminderung und eine konsequentere Durchsetzung der Vorschriften in allen Ländern.
Eine App zur Abfahrtskontrolle kann hier hilfreich sein.
Fazit
Mit dem Trend zu strengeren Kontrollen und härteren Sanktionen wird Ladungssicherung zu einem zentralen Compliance-Faktor in der Transportbranche. Wer heute noch lax damit umgeht, riskiert nicht nur Bußgelder, sondern im schlimmsten Fall strafrechtliche Verfahren. In Deutschland zeigt sich die Härte besonders deutlich, und nationale wie internationale Regelwerke werden zunehmend vereint durch neue EU-Vorgaben.
Für Spediteure heißt das: Investition in Know-how, Technik, Dokumentation und digitale Überwachung ist kein optionales Extra, sondern essenzielle Pflicht. Wer es ernst meint mit sicherem Transport, kann auf diese Weise sowohl sein Unternehmen schützen als auch Unfälle nachhaltig vermeiden.